Tiertaufe

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Juri Gagarin tauft ein Nebelparderbaby im Tierpark Berlin auf den Namen Juri (1963)

Eine Tiertaufe ist eine Zeremonie, bei der einem individuellen Tier ein Name gegeben wird.

Ablauf und Abgrenzung

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Tiertaufen finden in Zoos, Großaquarien,[1] Zirkussen,[2] Wildgehegen,[3] Streichelzoos,[4] Tier-,[5] Vogel-[6] oder Wildparks[7] sowie bei Reitturnieren[8] statt. Bei Großen Pandas darf die Namensvergabe nach chinesischer Tradition erst 100 Tage nach der Geburt erfolgen.[9]

Oft wird im Vorfeld zur Namenssuche aufgerufen. Aus Publikumsvorschlägen wird dann ein Tiername ausgewählt.[10] Häufig werden Prominente oder Würdenträger zu Tiertaufen eingeladen.[11][12] Die Tiertaufe wird manchmal mit einer Flasche Sekt oder Champagner vollzogen, der über das Tier geträufelt wird.[13][14] Der Akt kann mit der Übernahme einer Tierpatenschaft verbunden sein.[15] Manchmal werden Tiere nach den Prominenten selbst benannt. Die „Taufe“ eines Zootiers durch einen Prominenten ist sowohl von der christlichen Taufe[16] als auch von einer kirchlichen Tiersegnung abzugrenzen.

Tiertaufen gab es schon im 19. Jahrhundert. Die Zeitschrift Für unsere Frauen berichtete über die Taufe von zwei Löwenjungen in der Charlottenburger Flora 1893, bei der die Besucher Namen in Listen eintragen konnten. Die beliebtesten Namen wurden ausgewählt und die Tiere mit einer Flasche Sekt getauft.[17] Eine Tiertaufe mit Prominenten gab es 1937 für Bärenjungen im Belgrader Zoo.[18] Tiertaufen sind häufig Gegenstand der seit den 2000er-Jahren ausgestrahlten Zoo-Doku-Soaps.[19][20]

Bekannte Tiertaufen

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  • Die Namen der Bären Nante und Jette im Berliner Bärenzwinger wurden 1949 aus eingesandten Vorschlägen von ca. 20.000 Berliner Kindern ausgewählt.[21] Danach wurden auch die Namen für ihre Bärenkinder ausgeschrieben und öffentliche Bärentaufen veranstaltet.[22] Die Berliner Zeitung berichtete 1949:

    „Nante“ und „Jette“ gaben der Wahl am Sonnabend durch tiefes Brummen ihre Zustimmung, worauf der Taufakt als abgeschlossen angesehen werden konnte. Der Bärenmann war auch einverstanden. Er meinte, „Nante“ und „Jette“ wären zwei echte Berliner Namen, die den Tieren wie Honig eingehen werden. Zur Feier des Tages reichte er den Täuflingen ein besonders leckeres Stückchen Fleisch aus dem Futtertopf und als Nachspeise durften die beide seinen mit Kunsthonig beschmierten Finger ablutschen. Sie taten das genußsüchtig, wie Bärenkinder sind, mit lautem Schmatzen. So gut hatte ihnen das geschmeckt. Für das nötige Taufwasser sorgte der Berliner Matsch, der draußen übermäßig vom Himmel fiel.[23]

  • In Uwe Johnsons Roman Das dritte Buch über Achim (1961) wird ein Tiger auf den Namen der titelgebenden Hauptfigur getauft, eines berühmten Radrennfahrers, nachdem Zeitungsleser danach verlangt haben.[24]

Einzelnachweise

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  1. Madeline Jäger: Im Sea-Life Oberhausen werden drei Baby-Haie getauft – dieser TV-Star übernimmt die Taufpatenschaft. In: DerWesten.de. 19. Juli 2018, abgerufen am 16. September 2024 (deutsch).
  2. Zirkus Alaska in Hallstadt: Taufe der Kamelbabys. 9. März 2024, abgerufen am 18. September 2024.
  3. Trauer im Wildgehege Moritzburg: Letzter Wolf ist tot. 13. April 2023, abgerufen am 18. September 2024.
  4. Paula und Paulinchen werden getauft. Abgerufen am 18. September 2024.
  5. Hannes Ewert: Sonntag Kinderfest im Tierpark Wolgast: Mehrere Tiertaufen stehen an. 2. Juni 2023, abgerufen am 15. September 2024.
  6. Frisch getaufte Rabenkinder. 16. September 2024, abgerufen am 18. September 2024.
  7. Schweinetaufe im Wildpark: Wildschwein „Putin“ heißt jetzt „Eberhofer“. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 16. September 2024]).
  8. Leipziger Volkszeitung: Aufgalopp: Hengst zeigt Temperament zur „Leipzig“-Taufe. 1. Mai 2018, abgerufen am 18. September 2024.
  9. Gaby Schwammer, Harald Schwammer: Im Einsatz für gefährdete Arten: Vom Tiergarten Schönbrunn um die ganze Welt. Leopold Stocker Verlag, 2019, ISBN 978-3-7020-1843-6, S. 121.
  10. Eva Maria Braungart: Nachwuchs Berliner Tierpark: Junge Giraffen heißen jetzt „Berti“ und „Emily“. 22. August 2024, abgerufen am 17. September 2024.
  11. 13. August 1968 - Graf Westerholt eröffnet Löwenpark in Gelsenkirchen. 13. August 2018, abgerufen am 15. September 2024.
  12. Ouest-France avec agence: Zoo de Beauval. Le bébé panda baptisé aujourd’hui par Brigitte Macron. 4. Dezember 2017, abgerufen am 16. September 2024 (französisch).
  13. Zeitreise ins Jahr 1972: Als am Flughafen Zürich Delfine für Knies Kinderzoo landeten. 16. September 2024, abgerufen am 19. September 2024.
  14. Außergewöhnliche Trauungsorte: Königspython als Trauzeuge. 18. Mai 2012, abgerufen am 19. September 2024.
  15. Niedliches Nashorn-Baby: TikToker tauft Tier im Serengeti-Park. 5. April 2021, abgerufen am 16. September 2024.
  16. Hans Mendl: Religion erleben: Ein Arbeitsbuch für den Religionsunterricht -. Kösel-Verlag, 2009, ISBN 978-3-641-03719-2.
  17. „Die Täuflinge, „ein Junge und ein Mädchen“, sind in Schwerin geboren, haben aber, da Löwen erst am neunten Tage sehend werden, in Charlottenburg das Licht der Welt erblickt, und sind jetzt über 20 Tage alt. Die Zeremonie ging äußerst feierlich vor sich: auf der Bühne wurden die niedlichen Thierchen, die man der Mutter, einer prächtigen Senegal-Löwin, nur mit List hatte nehmen können, in einem Korbe niedergelegt und alsdann die „Taufakten“ verlesen. Diese bestanden in den vorher ausgelegten Listen, in die jeder Besucher einen männlichen und einen weiblichen Namen hatte einzeichnen dürfen: die Verlesung ergab, daß für die junge Löwin sich die Mehrzahl auf den Namen „Flora“ geeinigt hatte, der gewiß passend gewählt war. Nun aber erfolgte eine komische Szene: denn für den männlichen Sprossen war der Name Ahlwardt am häufigsten eingezeichnet, und es erscholl jedesmal bei Verlesung dieses Namens große Heiterkeit. Schon hatte der Täufer den Namen als den meistbegünstigten proklamirt, als er von einem Herrn auf das angeblich Unpassende dieses Namens für einen Löwen aufmerksam gemacht, den zweithäufigsten Namen „Schwerin“ wählte und auf diese Namen hin die beiden Thierchen unter dem Jubel der Zuschauer mit deutschem Sekt taufte.“ Für unsere Frauen, 3. August 1893, S. 712.
  18. Jovana Babović: Metropolitan Belgrade: Culture and Class in Interwar Yugoslavia. University of Pittsburgh Press, 2018, ISBN 978-0-8229-8339-2.
  19. Bayerischer Rundfunk: Elefant, Tiger & Co. 13. September 2024, abgerufen am 19. September 2024.
  20. Elefant, Tiger & Co.: Ein kleines Herbstkind (1004) - hier anschauen. Abgerufen am 19. September 2024.
  21. Berliner Zeitung: „Die Bärenkinder Berlins vor der Taufe. Über 20 000 Kinder grübelten darüber nach, wie die Berliner Wappentiere heißen sollen“, 17. Dezember 1949.
  22. Bernd Unger: Der Berliner Bär: ein Streifzug durch Geschichte und Gegenwart. Waxmann, Münster / New York / München / Berlin 2000, ISBN 3-89325-990-2, S. 78.
  23. Berliner Zeitung: „,Nante‘ und ,Jette‘ wurden die Bären getauft“, 18. Dezember 1949, S. 8.
  24. Uwe Johnson: Das dritte Buch über Achim. Roman. 338 Seiten. edition suhrkamp 100. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1961, S. 28.
  25. Lieselotte Thoms: „Wovor Kosmonauten Angst haben“, Neues Deutschland, 21. Oktober 1963, S. 4.