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Zoë Kravitz über ihre Rolle als Catwoman und ihre Beziehung mit Channing Tatum

Sie galt bereits als eine der coolsten Frauen der Welt. In diesem Jahr aber, als sie Catwoman (in „The Batman“) spielte und bei ihrem ersten Film („Pussy Island“) Regie führte, hatte Zoë Kravitz erstmals das Gefühl, es geschafft zu haben.
Zoë Kravitz
Jacke (Preis auf Anfrage), Unterhosen (Preis auf Anfrage), Saint Laurent. Strümpfe 20 €, Falke. Hut 363 €, Gigi Burris. Vintage-Ohrring, Schiaparelli von Pechuga Vintage. Creolen (auf allen Fotos) 2.435 €, Grace Lee. Ohrstecker (Auf allen Fotos, privat). Halskette 8.645 €, Ohliguer. Ringe (an der linken Hand) 2.540 €, 1.225 € und (am rechten Ringfinger) 965 €, Lilian Shalom.  Ringe (am rechten Zeigefinger und Mittelfinger, Preis auf Anfrage), Tiffany & Co.Steven Klein

Zoë Kravitz ist unsere globale Superhero of the Year. Im Interview bekommen Sie einen Einblick in das erfolgreiche Jahr der Schauspielerin (und Regisseurin)

Die gesamte Upper East Side von New York scheint an diesem trüben Herbstnachmittag in der “Neue Galerie” zu sein. Das Museum ist der heilige Gral des österreichisch-deutschen Expressionismus, untergebracht in einem palastartigen Gebäude im Stil Ludwigs XIII. Die Besucher tragen Mäntel in prachtvollen Marine- und Brauntönen. Sie treten durch die filigranen Eisentüren ein und steigen die dramatisch geschwungene Marmortreppe hinauf, um durch die suggestive Kraft der Kunst in die golden schimmernde Welt des Wiens der Jahrhundertwende einzutauchen. Und, um ein Wiener Schnitzel für 36 Dollar im Museumscafé zu essen. 

Zoë Kravitz schwebt förmlich herein. Sie trägt einen langen schwarzen Mantel, den sie über ein komplett schwarzes Outfit geworfen hat. Ihr Gesicht ist die perfekte Kombination der DNA von zwei der bestaussehenden Menschen der Welt, Lenny Kravitz und Lisa Bonet. Ihre Gedanken sind gerade ganz woanders: bei „Pussy Island“. 

Die 33-jährige Schauspielerin ist mitten in der Bearbeitungsphase ihres Regiedebüts, in dem es um eine Kellnerin namens Frida (Naomi Ackie) geht, die einen ruchlosen Tech-Milliardär (Channing Tatum) auf seine hedonistische Privatinsel begleitet. Der Film beschäftigt sie Tag und Nacht. „Mein Gehirn hört einfach nicht auf zu denken“, sagt sie. „Es schreit förmlich danach.“

Zoë Kravitz' Lieblingsort ist die Grauzone

Kravitz, die seit langem in Williamsburg lebt, schlug vor, dass wir uns hier treffen, bevor sie sich wieder in den Schneideraum zurückzieht. Das Museum ist einer ihrer Lieblingsorte. Seit sie es zum ersten Mal während eines Schulausflugs besuchte, war sie von der Sammlung der Gemälde von Egon Schiele und Gustav Klimt überwältigt. „Vor allem bei Schiele gibt es dieses groteske, fast hässlich-schöne Etwas. Und auch bei den Klimt-Bildern findet man diese Traurigkeit in den Augen.“

Diese Kombination ist für Kravitz besonders attraktiv: Für sie ist die Grauzone der interessanteste Ort, an dem man sich befinden kann. Es ist genau dieser Bereich, in den sie mit ihrer Arbeit vordringen will – mit „Pussy Island“; als Yogalehrerin mit einem dunklen Geheimnis in „Big Little Lies“; als liebenswerte Schurkin in „High Fidelity“. Da sie schon in der Öffentlichkeit stand, bevor sie laufen konnte, weiß sie, dass dies nicht immer das ist, was das Publikum will. Aber sie scheint es zu genießen, mit den Erwartungen anderer Menschen zu spielen und diese bei jeder sich bietenden Gelegenheit über den Haufen zu werfen.

Sie bleibt vor einem Klimt-Porträt mit dem Titel „Portrait einer Dame mit einem blassen Gesicht“ stehen. Zoë Kravitz blickt auf die Leinwand und denkt über die Zurückhaltung und die Liebe zum Detail nach. Sie weist auf einen karminroten Pinselstrich in der rechten oberen Ecke hin, der mir nicht aufgefallen wäre. „So ähnlich wie mein Outfit“, sagt sie und lässt feuerrote Socken aufblitzen, die sich unter dem Schwarz ihres Outfits verstecken. Auf der Leinwand und auf Fotos wirkt sie immer aufgeweckt und cool, live kommt sie weicher und unbeschwerter herüber. „Sie ist verdammt witzig“, sagte mir ihre alte Freundin Alia Shawkat. „Sie ist ein seltsamer kleiner Freak.“

Kleid 5.311 €, Alaïa. Hut 950 €, Victoria Grant. Handschuhe (Preis auf Anfrage), Urstadt.Swan. Ohrringe 603 €, Jennifer Fisher. Halskette 2.230 €, Bond Hardware.

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Das andere auffällige Stück Farbe an ihr ist ein riesiger Smaragdring am kleinen Finger. Er ist ein Geschenk von “Chan“, also Channing Tatum, ihrem Freund und dem Star ihres neuen Films. Die Beziehung hat seit ihrem ersten gemeinsamen Paparazzi-Foto im August letzten Jahres für Aufruhr gesorgt: Er, ein riesiger amerikanischer Muskelprotz auf dem kleinsten BMX-Rad der Welt. Sie, zierlich und hippiesk, sitzt hinter ihm, trägt eine Sonnenbrille und genießt die Fahrt.

Sie ist froh, wieder in New York zu sein. Ihre lange Abwesenheit fiel mit einem Höhepunkt ihrer Karriere und einem Umbruch in ihrem Privatleben zusammen. Einen Großteil der Jahre 2020 und 2021 verbrachte sie damit, in London herumzuschleichen und Selina Kyle alias Catwoman in „The Batman“ zu spielen. „Ich denke schon jetzt, dass mein Job sehr bizarr ist", sagt sie. „Aber es ist noch seltsamer, wenn man morgens um sechs Uhr von jemandem eingeschmiert und in Latex gesteckt wird, während die ganze Welt stillsteht.“ „The Batman“ kam im März in die Kinos und spielte weltweit 770 Millionen Dollar ein. Obwohl sie schon mehr als ihr halbes Leben lang schauspielert, bestätigte sich Kravitz’ Instinkt, dass Catwoman die Rolle war, mit der sie es geschafft hatte. „’The Batman’ gab mir das erste Mal das Gefühl, Teil von etwas Unverkennbaren zu sein.“ 

Im Sommer verbrachte sie drei Monate im Dschungel von Yucatán, um „Pussy Island“ zu drehen. Zoë Kravitz hatte mit dem Schreiben des Drehbuchs bereits vor der #MeToo-Bewegung angefangen. Sie wollte ihre Wut und Frustration über die Ausnutzung von Frauen durch mächtige Männer verarbeiten. Mit Hilfe des Co-Autors E.T. Feigenbaum entwickelte sich das Script zu einer Erkundung des ewigen Kampfes der Geschlechter. „Anstatt den einen als gut und den anderen als böse darzustellen, ist es viel interessanter, sich anzuschauen, was wir bekämpfen und warum. Und was das mit uns als Menschen macht“, sagt Kravitz. 

Ja, der Titel ist provokant. Wie würde eine Gruppe von Männern diese Art von Partyinsel nennen? Dies war Zoë Kravitz’ Ausgangsfrage und von da aus entwickelte sich alles. Sie würde lügen, wenn sie sagte, dass sie es nicht genießt, das offensichtliche Unwohlsein anderer Leute über den Namen ihres Films zu bemerken. „Ich liebe es, mit Marketing-Leuten zu telefonieren“, sagt sie. „Sie sagen: ‘Also, P-Island.’ Ich sage dann: ‘Eh! So heißt der Film nicht…’“

Vintage-Mantel, von New York Vintage. Ohrringe 326 €, House of Emmanuele. Ring 135 €, Swarovski.

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Sie sei schon immer so gewesen, sagen die Leute, die sie kennen. Unnachgiebig und entschlossen. Fragen Sie einfach mal ihren Vater. „Sie weiß genau, wer sie ist und ist nicht bereit, das zu opfern“, sagte mir Lenny Kravitz. „Wenn etwas nicht zu ihr passt oder sie es nicht fühlt, wird sie sich nicht verbiegen, nur um anderen Menschen zu gefallen.“

„Sie ist meiner Meinung nach die beste Kuratorin, wenn es um einen Vibe geht”, sagte Alia Shawkat, die auch in „Pussy Island“ mitspielt. Das gilt auch für Zoës Überblick am Set. „Sie ist sehr ruhig und eine wirklich gute Anführerin.“ „Pussy Island“-Star Naomi Ackie empfand Zoë Kravitz’ Regiearbeit ganz ähnlich. „Es war toll zu sehen, wie sie uns mit allem, was in ihrer Macht stand und voller Tatkraft an einen Ort führte, an dem wir uns sicher fühlten“, sagte sie mir. „Wir waren kreativ. Wir fühlten uns miteinander verbunden.“

Zoë Kravitz' Regiedebüt heißt “Pussy Island“ 

Wenn Zoë Kravitz über die Dreharbeiten spricht, erinnert sie sich vor allem an die Angst: vor dem Führen einer riesigen Besetzung und Crew, vor der Notwendigkeit, täglich eine Million Entscheidungen zu treffen, vor den Dreharbeiten in einem fremden Land, dessen Sprache sie nicht beherrschte. Jetzt, da sie mit dem Schnitt begonnen hat, tauchen ganz neue Sorgen auf. Werden die Zuschauer den Film hassen? „Ich glaube, es macht Menschen Spaß, Schauspielerinnen zu hassen, wenn sie etwas tun, das nichts mit Schauspielerei zu tun hat“, sagt sie. Werden sie sich den Film überhaupt ansehen? Und wenn sie ihn sich ansehen, werden sie dann die ganze Zeit auf ihren Handys scrollen und auf Social Media sein? 

Ja, unter der Fassade der entspannnten Coolness verbirgt sich jemand, dem es am Herzen liegt, das Beste aus den ihr gebotenen Möglichkeiten zu machen. Die offen über ihr obsessives Streben nach einer Arbeit spricht, die etwas bedeutet. Und die nicht so tun wird, als sei sie dabei cool.

„Ich war einfach verrückt“, sagt Kravitz über ihre Erfahrungen auf dem Regiestuhl. „Das bin ich immer noch. Es war immer hektisch. Ein Glas Whisky am Ende des Abends beruhigte mich ein wenig. Aber es gab kein Entkommen.“

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Lange bevor sie eine neurotische, Whisky trinkende Filmemacherin wurde, verbrachte Zoë Kravitz ihre Jahre mit ihrer Mutter im Topanga Canyon von Los Angeles. Ihre Eltern trennten sich, als sie noch ein Kleinkind war. Lisa Bonet, die damals gerade die „Die Bill Cosby Show“ und „College Fieber“ hinter sich gelassen hatte, zog ihre Tochter als veganes Yoga machendes Kind auf. Das war Jahrzehnte, bevor man irgendwo in der Stadt einen veganen Burger bekommen konnte. Ihre Schule war eine Art Waldorfschule, in der man weder fernsehen noch T-Shirts mit Logos tragen durfte. Aus diesen und anderen Gründen neigen Leute dazu, Zoë Kravitz für einen größeren Hippie zu halten, als sie tatsächlich ist.

Später reiste sie einmal quer durch das Land, um mit ihrem Rockstar-Dad in Miami zu leben. „Es war diese verrückte neue Freiheit – Fernsehschauen und Pop-Tarts essen. Ich konnte einfach tun, was ich wollte.“

Ich bitte sie, mir einen Moment in ihrer Kindheit zu nennen, der sich damals normal anfühlte, aber im Nachhinein gesehen eigentlich etwas Außergewöhnliches war. Sie hält inne und denkt nach.

„Meinen Vater in einem Studio zu besuchen und Mick Jagger dabei zu haben. Als Kind zu den VMAs zu gehen und auf dem Schoß von Scary Spice zu sitzen“, sagt sie schließlich. „Es gab eine ganze Menge solcher Momente.“ 

Sie war natürlich in einem Alter, in dem man seine Eltern für total alt und unmodern hält. Wenn die eigenen Eltern vom Großteil der Popkultur als cool angesehen werden, bekommen Peinlichkeiten eine ganz andere Färbung. „Meine Eltern waren sehr jung und zogen sich total verrückt an – mit durchsichtigen Oberteilen und Samthosen und so“, sagt Kravitz. „Ich stellte mir vor, wie es wäre, ein Elternteil zu haben, das nur ein einfaches Button-Down-Hemd trägt.“

Ein eigener Weg in Hollywood – und das trotz berühmter Eltern

Im Teenageralter beschloss Kravitz, sich als Schauspielerin zu versuchen. Lenny war überrascht. „Ich dachte, sie würde genau die entgegengesetzte Richtung einschlagen“, sagte er mir. „Ich dachte, sie würde Tierärztin oder Anwältin werden.“ Heute teilen sich die beiden einen gemeinsamen Agenten. 

Nach einer Handvoll kleiner Rollen bekam Zoë immer größere Projekte angeboten. Sie ging zu den Vorsprechen für die „X-Men“- und „Die Bestimmung“-Filme mit dem Gedanken: „Es ist egal, ich werde die Rollen verdammt noch mal sowieso nicht kriegen.“ Sie vermutet, dass sie genau wegen dieser entspannten Haltung gecastet wurde. Blockbuster rückten jetzt immer häufiger in den Vordergrund: In „Mad Max: Fury Road“ spielte sie eine Frau, die aus einem Harem flüchtet und durch eine dystopische Wüste rennt. Später war sie als reinblütige Hexe aus einer traditionsreichen Familie in der „Fantastische Tierwesen“-Reihe zu sehen.

Ihren bisher größten Durchbruch hatte Kravitz 2019, als sie im Serien-Remake von „High Fidelity“ auftrat. Sie übernahm die Rolle des Rob, der in der Verfilmung des Nick-Hornby-Buches aus dem Jahr 2000 von John Cusack gespielt wurde. Kravitz produzierte die Serie teilweise selbst und schrieb einen Teil der Drehbücher. Die Teilnahme an der Serie war auch eine Hommage an ihre Mutter, die im Originalfilm mitgespielt hatte.

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Mantel (Preis auf Anfrage), Saint Laurent. Kleid 5.311 €, Alaïa. Hut 950 €, Victoria Grant. Sonnenbrille 410 €, Linda Farrow. Ohrringe und Armband (Preis auf Anfrage), Tiffany & Co.

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In den letzten zehn Jahren ist Rob zu einem Symbol für den OG-Fuckboy geworden. Kravitz’ Rob ist eine Schwarze bisexuelle Frau – aber sie wollte unbedingt, dass ihre Figur ein Fuckboy ist. Dieser Gedanke stieß oft auf Widerstand. „Interessant war, dass ich oft mit den Produzenten streiten musste, weil ich so toxisch sein durfte, wie Rob eigentlich ist“, erinnert sich Kravitz. „Sie wollten das wirklich abschwächen. Selbst am Ende der zweiten Folge, als ich schrie: ‘What fucking Lily-girl?’, meinten sie: ‘Kannst du weniger wütend sein?’ Oder als ich darüber fantasierte, Lily zu verprügeln, meinten sie: ‘Das ist zu gewalttätig.’“

Kravitz verstand das nicht. Sie wollte die Perspektiven ändern. Sie wollte in genau diese Grauzone eindringen. Ist das nicht viel interessanter? „Sie wollten diese süße, sympathische Version dieser Scheißfigur“, sagt Kravitz, „Es ging doch darum zu zeigen, dass auch Frauen scheiße sein können.“

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Als die erste Staffel von „High Fidelity“ im Jahr 2020 veröffentlicht wurde, erlangte sie Kultstatus und wurde von der Kritik gelobt und... prompt abgesetzt. Kravitz sagt, sie habe nie wirklich eine Antwort auf die Frage nach dem Grund bekommen. Es ärgert sie immer noch, wenn die Leute sie darauf ansprechen. „Wenn man etwas macht und es niemandem gefällt und es nicht gut ist, dann macht es Sinn“, sagt sie mir. „Aber wenn die Leute sich damit identifizieren, ist das traurig. Ich fühlte mich wirklich, als hätte ich die Kontrolle verloren.“

Kravitz wird seit langem von der Angst geplagt, dass die Telefone nicht mehr klingeln und sie nie wieder arbeiten wird. Da war die Absage der Serie nicht gerade hilfreich. „Mein Agent hält mich für verrückt“, sagt sie. „Aber das kann ich nicht abschütteln.“

Mit “The Batman“ fühlte sich Zoë Kravitz endlich angekommen

Seit sie ein Teenager ist, hegt Kravitz eine “tiefe Unsicherheit“ darüber, in der Unterhaltungsindustrie tätig zu sein. Dass sie, weil sie berühmte Eltern hat, ihren Erfolg weniger verdient hätte. Sie erwähnt die Vorstellung, dass die Kinder von Berühmtheiten in einer Weise begünstigt werden, wie es andere Menschen nicht sind. „Es ist völlig normal, dass Menschen in einem Familiengeschäft tätig sind“, sagt Kravitz. „Das liegt der Ursprung der Nachnamen. Du warst Schmied, wenn deine Familie Schmied hieß.“ (Oder Schmitt.) Sie ist stolz auf ihre Familie und verweist auf die Pionierrolle ihrer Großmutter Roxie Roker bei „Die Jeffersons“ – und darauf, dass ihre Eltern sich mit ihren Karrieren in der Musik und der Schauspielerei ebenfalls einen Namen machen konnten.

Ihre Rolle in „The Batman“ half, diese nagenden Gefühle der Unsicherheit zu überwinden. Die Dreharbeiten in London waren jedoch eine Herausforderung. Es waren intensive Drehtage während der langen, einsamen Stunden zu Beginn der Pandemie. Ein vertrautes Gesicht war jedoch ganz in der Nähe: Taylor Swift, die mit ihrem britischen Freund Joe Alwyn den Lockdown in London verbrachte.

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„Sie war meine Bezugsperson“, sagt Zoë Kravitz. „Sie war ein sehr wichtiger Teil meines Daseins in London; einfach eine Freundin, die ich sehen konnte und die mir an meinem Geburtstag ein Abendessen kochte.“ Taylor Swift schrieb in einer E-Mail: „Es ist Zoës Selbstbewusstsein, das sie zu einer so aufregenden Künstlerin und einer so unglaublichen Freundin macht. Sie hat diesen sehr ehrlichen inneren Kompass. Das Ergebnis ist Kunst und ein Leben, ohne zu kompromittieren, wer sie ist.“ Die beiden, die sich seit Jahren nahe stehen, arbeiteten erst kürzlich zusammen: Kravitz hat an dem ersten Song auf Swifts neuem Album „Midnights“ mitgeschrieben und im Hintergrund gesungen. 

Während der Dreharbeiten von “The Batman” war Kravitz begierig darauf, alles über den Prozess des Filmemachens zu lernen, da sie damals bereits angefangen hatte, für „Pussy Island“ zu recherchieren. Matt Reeves, der Regisseur von „The Batman“, erzählte mir, dass sie immer am Monitor stehen wollte, um zu verstehen, wie bestimmte Einstellungen funktionieren. „Ich mache gerne viele Takes, weil ich nicht zu viel proben will. Und sie liebte das. Sie sagte immer: ‘Okay, nochmal.’ Sie wollte einfach nur gut sein.“

Er wies auf ein paar konkrete Ideen hin, die Kravitz ihm vorschlug – vor allem eine über Katzen. Sie war von der Vorstellung angetan, dass Selina, die selbst eine eigensinnige Person ist, Streuner sammelt und deshalb in Gotham eine Wohnung voller Katzen hat. Reeves wollte wissen, wie sie dem Zuschauer eine Wohnung voller streunender Katzen veranschaulichen könnten. Kravitz kam sofort mit einer einfachen Lösung: Batman solle sich umschauen und knurren: „Du hast eine Menge Katzen.“

Reeves lachte. Er war begeistert, und der Spruch blieb hängen. Auf diese Weise kam Batman vielleicht zu seinem einzigen Witz. So war es auch, dass Reeves einen speziell angefertigten Katzentransporter für Catwomans Motorrad bauen ließ – eine weitere von Zoës Ideen.

Kravitz ist übrigens eher ein Hundemensch. „Ich finde, Katzen sind zickig, kompliziert und schwierig, und ich bin als Mensch genauso“, sagt sie. „Ich will mich nicht mit mir selbst beschäftigen.“

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Blazer, Hemd, , Hose und Fliege (Preis auf Anfrage), Saint Laurent. Ohrring mit Schlüssel 2.645 €, Eéra. Brosche 39.200 €, Tiffany & Co. Goldene Creolen (privat)

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Im Museumscafé steht eine endlose Schlange mit Menschen für das Wiener Schnitzel an. Also gehen wir hinaus in die feuchten und grauen Straßen New Yorks, um uns weiter zu unterhalten. Kravitz schlägt vor, an einem Diner anzuhalten, an dem wir vorbeikommen.

Wir quetschen uns an einen der hinteren Tische und bekommen eine Dosis Upper East Sideness der anderen Art serviert. Touristen aus dem Mittleren Westen in NFL-Trikots und Flanellhemden sitzen Seite an Seite mit Siebzigjährigen aus der Nachbarschaft, die bei einem Thunfischsandwich ihre Zeitung aufgeschlagen haben.

Zoë Kravitz liebt es hier. „Die Farbe des Saftes und des Kaffees ist so ästhetisch“, sagt sie, trommelt mit ihren rot lackierten Fingernägeln auf die Granitplatte und betrachtet ihre Getränkebestellung mit spürbarer Freude. „Das ist das wahre Old-school New York! Die Leute sitzen hier und lesen die Zeitung.“

Während der Arbeit an „The Batman“ löschte sie den Großteil ihres Instagram-Feeds. Sie wollte einen Neuanfang und fühlte sich zunehmend unwohl mit der Kluft zwischen ihrem öffentlichen Image und ihrer Person. Heute hat sie kaum noch eine Online-Präsenz. 

„Ich trete definitiv ständig ins Fettnäpfchen“, sagt sie. „Und ich sollte nicht immer sagen, was ich im Moment denke – vor allem, weil man das nicht immer für immer denkt.“

Auch wenn sie den Mund nicht aufmacht, finden die Leute Wörter für sie. Cool, zum Beispiel. Das ist das Wort, das hängen geblieben ist und bei dem sie immer das Gefühl hatte, ihm gerecht werden zu müssen. „Je älter ich werde, desto mehr merke ich, dass die Person, über die sie sprechen, nicht ich bin. Es ist deren Vorstellung von mir, aber ich bin ein eigenständiges Wesen.“

Diese Erkenntnis erlangte sie teils dadurch, dass sie erwachsen wurde und einen Teil ihrer Jugend ablegte; manchmal buchstäblich: Sie lässt jetzt einige ihrer Dutzend Tattoos entfernen, wie den verblassenden Stern auf ihrem Mittelfinger, den sie sich mit 18 Jahren stechen ließ. „Es ist einfach etwas, von dem ich denke: ‘Ich brauche das nicht an meinem Körper’.“ 

Die kurze Ehe, Häuslichkeit und Zoë Kravitz' Beziehung mit Channing Tatum

Die Vollendung des 30. Lebensjahres hat sie auch dazu inspiriert, sich nach ihren wilden 20er-Jahren in die Häuslichkeit zurückzuziehen. „Es hat etwas Romantisches und Aufregendes, wenn man sagt: ‘Oh, ich bin erwachsen. Ich bleibe jetzt zu Hause und koche. Ich backe Brot’“, erzählt sie. „Ich glaube, nach ein paar Jahren merkt man aber, dass das Leben viel mehr zu bieten hat.“ Es gibt immer noch Abenteuer, Beziehungen und neue Dinge, die man erleben kann, und die passieren nicht, wenn man so tut, als würde man mit 35 in Rente gehen. „Ich bin fertig mit der romantischen Idee von ‘alt ist gleich häuslich’. Für eine Minute ist es süß, dann nicht mehr.“

Ihr Experiment mit der Häuslichkeit kam mit einer Ehe einher. Im Jahr 2019 heiratete Zoë Kravitz ihren langjährigen Freund, den Schauspieler Karl Glusman. Achtzehn Monate später reichte sie die Scheidung ein. 

„Ich habe einfach gelernt, darüber nachzudenken, wer ich bin und was ich will“, erklärt Kravitz. „Du triffst jemanden, der umwerfend ist und dich heiraten will, und daran ist nichts auszusetzen. Wenn nichts falsch daran ist, warum sollte man es dann nicht tun? Man liebt die Person, und das ist es, was man tut. Es ist eine schwierige Frage, die man sich stellen muss: ‘Vielleicht will ich nicht das, was ich eigentlich will – eine Ehe, Kinder, irgendetwas davon. Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt möchte.’ Es ist eine unangenehme Frage, besonders für eine Frau.“

Zoë Kravitz lernte Channing Tatum kennen, als sie ihn in „Pussy Island“ besetzte. Sie verstanden sich auf Anhieb. „Er ist einfach ein wunderbarer Mensch. Er bringt mich zum Lachen, und wir beide lieben Kunst und über Kunst zu reden und herauszufinden, warum wir tun, was wir tun. Wir lieben es, uns einen Film anzusehen, ihn zu analysieren, darüber zu reden und uns gegenseitig herauszufordern“, sagt sie. 

Der erste Film, den sie gemeinsam sahen, war das verrückte romantische Krimidrama „True Romance“. Sie sind auch große Fans von John Cassavetes und Gena Rowlands, einem anderen Regisseur-Schauspieler-Paar, das ebenfalls eng zusammenarbeitete.

Tatum erwies sich für Kravitz in den stressigsten Momenten ihres Jobs als zuverlässige Stütze. „Ob es darum ging, mir einen Tee zu machen oder mir einen Drink einzuschenken oder jemanden zurechtzuweisen oder was auch immer – er war mein Beschützer und das war wunderbar und süß“, sagt sie. „Ich denke, wenn man so ein Projekt zusammen machen kann, ist es ein guter Test. Und wir sind sogar noch stärker daraus hervorgegangen.“

Tatsächlich führte genau dieser Instinkt von Channing Tatum, Kravitz zu schützen und sich nützlich zu machen, dem berüchtigten Paparazzi-Foto. 

Das erste Mal, als die beiden beschlossen, gemeinsam nach draußen zu gehen, begleitete er sie zum Haus ihres Co-Autors, das ein paar Straßen weiter lag. Sie trug Jeans und hatte das Wetter unterschätzt. „Ich schwitzte, und er sagte: ‘Steig auf das Fahrrad, ich fahre dich rüber und du kannst dich entspannen','' erinnert sie sich. Und schon entdeckte sie aus dem Augenwinkel einen Paparazzo.

„Man will eine Beziehung so lange wie möglich heilig und privat halten“, sagt sie. „So dass man sich keine Gedanken darüber machen muss, was die ganze Welt darüber denkt.“ 

Noch ein paar Wochen lang kann Kravitz das auch mit ihrem Film tun. Sie wird den Schnitt bald abliefern müssen, aber im Moment gehört “Pussy Island” ganz alleine ihr. Zoë Kravitz gibt sich einem Hippie-Gedanken hin: „Ich glaube, dass kreative Projekte einen eigenen Spirit haben“, sagt sie. „Man kann sie nicht kontrollieren. Man muss ihnen erlauben, einem zu zeigen, was sie sein wollen.“

Gabriella Paiella arbeitet als Autorin für GQ.

Kleid, Alaïa.  Schuhe (in der Hand), Saint Laurent. Manschette, und Ohrringe, Bjorn Van Den Berg.

Steven Klein

Die neue GQ

Das Interview mit Cover-Star Zoë Kravitz und alle Fotos des Shootings finden Sie in der neuen GQ, die ab dem 29. November im Handel und online hier erhältlich sein wird. 


PRODUCTION CREDITS:
Fotos Steven Klein
Styling B. Åkerlund
Haare Nikki Nelms für Maui Moisture
Make-up Nina Park für YSL Beauty
Maniküre Nails by Aki Hirayama mit Aprés Nail
Tailoring Shirlee Idzakovich
Set Design Jack Flanagan
Produktion Travis Kiewel von That One Production

ADAPTATION
Anne Horn